Energiewende: unzureichender Netzausbau als Risiko für die Versorgungssicherheit

Der unzureichende Fortschritt beim Ausbau der Stromtrassen stellt ein zunehmendes Risiko für die Versorgungssicherheit dar. Zu diesem Ergebnis kommt ein heute veröffentlichter Bericht des Bundesrechnungshofes.

„Bei ihren Entscheidungen zur Energiewende hat die Bundesregierung bislang den notwendigen Netzausbaubedarf nicht ausreichend berücksichtigt“, sagte der Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller. „Deshalb hat der Ausbau der Stromnetze nicht mit dem Ausbau der Anlagen für die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien Schritt gehalten. Diese Situation verschärft sich dadurch, dass viele der Stromerzeugungsanlagen für Erneuerbare Energien ihren Strom an ungünstigen Standorten für das Stromnetz einspeisen.“ Die Prüfung des Bundes­rechnungshofes zeigt auf, dass dadurch in den letzten Jahren erhebliche netzstabilisierende Eingriffe nötig wurden. Dafür mussten die Stromverbraucher allein in den Jahren 2017 und 2018 mit jeweils rund 2 Mrd. Euro aufkommen.

Die Versorgungssicherheit wird zunehmend gefährdet, wenn die bestehende Verzögerung nicht schnell aufgeholt wird und zugleich der Ausbau Erneuerbarer Energien weiter vorangetrieben wird. Der Bundesrechnungshof empfiehlt dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) daher, den Ausbaubedarf zu minimieren, um die Kosten zu begrenzen. Dazu könnte es künftig statt weiterer kleinteiliger Regeln vorrangig einen Rechtsrahmen setzen, der Strom­erzeugern und Netzbetreibern Anreize für ein zielgerichtetes, aber weitgehend „selbstgesteuertes“ Handeln gibt. Dies könnte z. B. eine vermehrte Ansiedlung von Anlagen für Erneuerbare Energien näher am Ort des Stromverbrauchs bewirken, oder zumindest dort, wo günstige Bedingungen für den Anschluss an das vorhandene Stromnetz bestehen.

Das derzeitige Entgeltmodell setzt den Stromnetzbetreibern nicht genügend Anreize, ihr Netz schnell auszubauen. Denn die Kosten für Netzeingriffe wegen des fehlenden Ausbaus tragen sie nicht selbst, sondern die Stromverbraucher. Eine Verringerung des Ausbaubedarfs der Stromnetze könnte das BMWi auch erreichen, indem es die Stromerzeuger an den Netzausbaukosten beteiligt. So könnten beispielsweise in Regionen mit hoher Netzauslastung die Erzeuger mit einem Entgelt belastet werden; in Regionen mit niedriger Netzauslastung könnten Erzeuger für die Vermeidung von Netzausbaumaßnahmen Erstattungen erhalten. Andere europäische Staaten setzen bereits derartige Anreize.

Das BMWi will nun mit dem „Aktionsplan Stromnetz“ den Ausbau der Erneuerbaren Energien stärker mit dem Netzausbau synchronisieren. Dies ist dringend notwendig. Das BMWi geht aufgrund von Langfristszenarien für die nächsten dreißig Jahre von Netzausbau- und Netzverstärkungsmaßnahmen von bis zu 36 500 km aus. Aktuelle Berechnungen sehen dazu bis zum Jahr 2035 einen Finanzbedarf von bis zu 85 Mrd. Euro vor.

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